Der Heilige Nikolaus und die feurigen Bohnen - ein ungewöhnliches Nikolausfest in den Abruzzen6/12/2022 Der Nikolaustag wird auch in den Abruzzen gefeiert. Für viele ist es dann entweder „babbo natale“, der Weihnachtsmann, der den Kindern am 6. Dezember kleine Geschenke bringt. Oder andere wiederrum feiern an diesem Tag den heiligen Nikolaus von Bari. Aber ein kleines Dorf in der Region Chieti erlebt am 6. Dezember einen ganz besonderen Fest- und Feiertag! Pollutri! Das ist „unser“ Dorf, denn wir gehören mit unserem Bauernhof in den Abruzzen zum Gemeindegebiet von Pollutri. Ein Dorf, das wir sehr mögen, denn es ist sehr alt, eigenständig und lebendig. 🎅San Nicola in Pollutri - das etwas andere Nikolausfest in PollutriPollutri, ein Ort mit ungefähr 2.200 Einwohnern (ISTAT 2017) zelebriert in den Tagen rund um den 6. Dezember das Fest seines Schutzpatrons San Nicola. Er ist der Padrone von Pollutri und ihm zu Ehren wird zweimal im Jahr der wichtigste Feiertag für das Dorf abgehalten. 🎅Le fave di San Nicola - di Bohnen des Heiligen NikolausDiese Feierlichkeiten am 5. und 6.. Dezember sind unter dem Namen „Le fave di San Nicola“ bekannt und aus allen Landesteilen kommen Menschen, die mitfeiern wollen. Fave sind Bohnen, große Saubohnen, wie sie in Österreich genannt werden, und um diese Bohnen und San Nicola, den heiligen Nikolaus, dreht sich das Fest. San Nicola spricht man übrigens mit einer Betonung auf dem „o“ aus und nicht auf dem „i“ wie im deutschen Sprachraum. 🇮🇹 🎅Feuer? Natürlich gehts nicht ohne Feuer!Ja, meine Lieben, wir sind in den Abruzzen und dort gibt es eigentlich kaum bedeutsame Feiern oder Festrituale ohne offenes Feuer. 🔥Das wisst Ihr bereits von meinen anderen Blogberichten, wie zum Beispiel San Martino, dem Martinsfest. Das Fest „Le fave di San Nicola“ wird nur in Pollutri gefeiert und ist wirklich einzigartig und abenteuerlich: Und wie geht das nun? Man nehme… Zutaten: Viele riesengroße Kupferkessel Holz, viel Holz Saubohnen Literweise Wasser Geweihtes Salz Und junge Menschen, die keine Angst vor offenem Feuer und tausenden Zuseher*innen haben Ablauf: Mindestens 9 riesengroße Kupferkessel werden am späten Abend des 5. Dezember am Platz vor der Kirche aufgestellt. In diesen Kesseln werden die „Fave“, die Saubohnen unter den anfeuernden Rufen des Publikum gekocht. Alle entzünden gleichzeitig Ihre Feuerstelle und dann geht es los mit Rauch, Hitze, loderndem Feuer und viel Spannung. Die Ehre gebührt dem Heizer, dessen Wasser-Bohnen-Gemisch als erstes zu kochen beginnt. Hier arbeiten viele Dorfbewohner mit und vor allem die Kinder und Jugendlichen sind mit Feuereifer dabei. Dann ziehen die Frauen des Festkomitees in weißer Köchinnen-Arbeitsbekleidung singend ein und werfen alle gleichzeitig geweihtes Salz in die Kessel zu den Bohnen. Alle Zutaten, die für diesen Abend verwendet werden, sind übrigens in den Tagen zuvor in der Pfarrkirche gesegnet worden: Mehl, Wasser, Salz, Olivenöl, Wein aus Pollutri und sogar das Holz zum Befeuern. so feiert man in Pollutri Nikolaus 🔥 🎅6. Dezember: Wer feiert besser? Pollutri oder wir?Man stelle sich einmal folgendes Szenario vor: es ist ein Winterabend, wir haben den 5. Dezember. Und in einem kleinen Dorf in den Abruzzen stehen viele große Kessel am Dorfplatz, unter denen große Flammen lodern. Rund um sie versammelt hunderte Menschen, die singen, lachen, scherzen, plaudern, fotografieren, ein Fernsehteam ist auch dabei…. ! Und das alles zu Ehren des heiligen Nikolaus, der hier der Patron des Dorfes Pollutri ist. Was für ein Unterschied zu den Feierlichkeiten im deutschsprachigen Raum! In meiner Familie wurde der 6. Dezember immer im Kreis der Familie gefeiert, zu Hause, man blieb unter sich und höchstens - wenn man Glück oder Pech hatte (je nach Ansichtssache der Kinder) kam ein Mensch vorbei, der sich als Nikolaus verkleidet hatte und einem erzählte ob man brav oder schlimm gewesen war. Und noch unangenehmer war es, wenn er den Krampus im Schlepptau hatte… In Pollutri hingegen - ungefähr 1000 Kilometer weiter weg - waren am selben Abend alle Menschen am Dorfplatz, sangen und lachten und freuten sich des Lebens. Man lobpreiste San Nicola und niemand sagte den Kindern, ob sie auch brav gewesen waren unterm Jahr…
🎅Gehen die Pollutreser dann hungrig nach Hause?Ausgeschlossen! Wir befinden uns in den Abruzzen und hungrig sein oder bleiben funktioniert dort nicht! Natürlich werden die gekochten fave“ dann in Säckchen verpackt und alle Dorfbewohner:innen und Besucher:innen dieses archaischen Festes mit Saubohnen versorgt. Dazu gab es für alle auch Brot und natürlich Wein aus Pollutri. 🎅Achtung: Denn nicht umsonst heißt die Weinkooperative des Ortes „Vini San Nicola“! Und nicht umsonst beziehen wir dort unsere Weine! Denn wer kann sich schon der wunderschönen Vorstellung entziehen, dass die Weine, die man trinkt, von San Nicola persönlich, dem heiligen Nikolaus, geweiht wurden und dem Erdboden entstammen, den er als Schutzpatron umsorgt…❤️ Vielleicht gibt es bei den Weinen der Dorfkooperative Vini San Nicola genau deshalb so viele prämierte und ausgezeichnete Weine? In diesem Sinne: „Evviva Pollutri e Salute!“ - Pollutri lebe hoch, Gesundheit und Prost!
Und wie gehts im Dezember in den Abruzzen weiter?…n meinem nächsten Blogartikel nehme ich Euch mit zu den Feierlichkeiten, die am 8. Dezember in den Abruzzen stattfinden. Was darf dann sicher auch nicht fehlen?…. Richtig geraten! Feuer! 🔥
© Mag.a. Karin Kisser-Cyran Alle Text und Bildrechte liegen bei der Autorin, eine Veröffentlichung ohne Genehmigung ist nicht gestattet.
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